Berlin City Airport
I love TXL
…und sicher
nicht nur ich!
Ist der Superflughafen BER als „Single-Airport“ tatsächlich alternativlos? Wenn ein Eröffnungstermin nach dem anderen verschoben wird, kann doch niemand mehr mit Gewissheit sagen, ob dieses Steuergrab überhaupt je als Flughafen in Betrieb gehen wird.
Alles wird gut – wir zahlen die Zeche!
„Entscheidende“ Personalwechsel im Aufsichtsrat signalisieren den „personellen Neuanfang“ und sind symptomatisch für des peinlichste aller peinlichen öffentlichen Bauprojekte einer Republik, die bis dato weltweit wegen ihres technischen Know-How gefragt war. „Deichgraf“ Platzeck übernimmt von „arm aber sexy“ Wowereit, der wiederum übernimmt den bisherigen Platz des Hochwasser – Katastrophenmanagers. Als neuer Vorsitzender ist zu allem Überfluss ein 68jähriger Pensionär im Rennen, der vor fünf (!) Jahren bei Fraport aufgehört und sich seitdem als Aufsichtsrat um die Geschicke des Fußballvereins Eintracht Frankfurt gekümmert hat. Was soll daraus werden? Spätestens, seit das Planungsbüro, bei dem alle Fäden zusammenliefen, von seinen Pflichten entbunden wurde, scheint auf der Baustelle keiner mehr durchzublicken. Und alles wird natürlich viel, viel teurer als geplant: der doofe Steuerzahler badet am Ende alles aus, nur, dass das Ende bisher nicht absehbar ist und zudem ungewisser, denn je. Russland (!) hat jetzt Hilfe angeboten, eine Umkehr des Transfers technischen Wissens scheint in vollem Gange.
Was macht TXL?
Der Flughafen Tegel ist nach wie vor - und schon jetzt viel länger als geplant - in Betrieb. TXL macht allen Auslastungsgrenzen zum Trotz weiterhin einen prima Job. Mit provisorischen Anbauten, mit für deutlich weniger Verkehr konzipierten Zu- und Abfahrtswegen und mit Schwindel erregenden Frequenzen von Starts und Landungen. Für etwa 5 Millionen Passagieren pro Jahr konzipiert, wurden im vergangen Jahr fast 17 Millionen Fluggäste abgefertigt. Bei aller Schelte wegen des BER: allen, die für das Funktionieren von TXL verantwortlich sind, gebührt ein dickes Lob.
Wer profitiert vom BER?
Am BER entstehen Arbeitsplätze, aber nur in Brandenburg (bezahlt nach Ost-Tarif und auch bei der Anstellung von Ex - TXL – Beschäftigten anzuwenden), Steuern gehen auch nach Brandenburg (bzw. an die dort ansässigen Gemeinden). Die sich rund um den Flughafen wirtschaftlich entwickelnde Region ist ausschließlich Brandenburger Land, in erster Linie die Gemeinde Schönefeld. Selbst, wenn es darum geht, welche Taxen für den Flughafen zuständig sind, ist es ein ausschließlich Brandenburger Flughafen, wie man in Brandenburg nicht müde wird, zu betonen. Für Berlin bleibt nur der „Speckgürtel“, und der gilt als extrem ungesund. Was, bitte schön, ist an diesem Torso denn nun ein „Berliner“ Flughafen? Ach ja, die Fluggäste werden zu annährend 100 Prozent aus Berlin kommen oder dort hin wollen. Ohne Berlin gäbe es keinen BER, mit Berlin allerdings (vielleicht) auch nicht.
Ein „Berliner“ Flughafen ist er immer nur dann, wenn es um Spott und Häme wegen des Bau-Desasters geht. Dann lacht die Welt ausschließlich über Berlin und Wowi ist der Depp. Der Bund und das Land Brandenburg, Dr. Peter Ramsauer und<s> </s>„Platzhirsch“ Platzeck, alle sind in Deckung gegangen. Ramsauer schiebt mit Vergnügen den schwarzen Peter zu den Roten, und der Ministerpräsident des Bundeslandes der Profiteure spielt sich am Ende noch als Retter auf, nachdem er als „Sofortmaßnahme“ einen Flughafen-Staatssekretär installiert hat, der den neuen BER-Krisenstab in der Potsdamer Regierungszentrale leiten soll. Einen 63 jährigen Genossen im Übrigen, den derselbe Platzeck vor ein paar Jahren in den Ruhestand geschickt hatte, weil er für ihn keine Verwendung mehr hatte. Dumm gelaufen für Berlin. Nicht nur fürs Taxigewerbe.
Was heißt das für Berlin?
Jede(r) vernunftbegabte Berliner(in) muss sich doch langsam fragen, was wir da mit uns machen lassen. Alle, denen das Interesse Berlins und damit natürlich auch das eigene Interesse am Herzen liegt, müssen doch langsam wach werden und wieder im Sinne Berlins denken und handeln (und nicht, vom Glanz des vermeintlich schnellen Vorteils gelockt, Taxen im Landkreis zulassen!).
Die Entwicklung Berlins zu einer neuen Weltmetropole steht nach der (äußerlichen) Überwindung der Teilung Deutschlands erst am Anfang. Die Prognosen für das Wachstum und die Bedeutung Berlins sind hervorragend. Wir sind das politische Zentrum Deutschlands, wenn nicht Europas, beherbergen Hauptniederlassungen wesentlicher „Global Player<s>s</s>“ und sind damit ein Knotenpunkt des weltweiten Business. Berlin ist in der Forschung und bei Wachstumsmärkten, wie der „green economy“ sehr gut aufgestellt und ein Magnet für Touristen. Berlin brummt und wächst – und damit verbunden auch der Flugverkehr.
Beispiele, wie es geht.
Wie begegneten andere europäische Metropolen den Herausforderungen steigenden Fluggastaufkommens? Kann eine Metropole den Flugverkehr ausschließlich mit einem „Single – Airport“ wirtschaftlich tragbar bewältigen, wie uns die hiesigen Verantwortlichen gebetsmühlenartig wissen lassen? Offensichtlich nicht, wie u.a. London, Paris und Moskau, Mailand, Rom und Stockholm beweisen. Es kommt dabei lediglich darauf an, jeden Airport auf bestimmte Kundengruppen zu spezialisieren; Exekutivluftfahrt, Geschäftsreisende, Touristen, Inlandsflüge, Umsteiger usw.
(siehe auch Kasten)
Zu groß getönt – zu klein geplant.
Ist der BER, gemessen an seiner Größe und seiner geografischen Lage, überhaupt den Anforderungen eines Single – Airports für eine boomende Metropolenregion gewachsen? Wenn dies das geplante Ziel war, und nichts anderes wurde von Anfang an behauptet, dann haben wir neben den mannigfachen technischen Problemen, die einer Inbetriebnahme des BER bisher entgegenstehen, ein weiteres, und das ist besonders schwerwiegend: die Dimensionierung des Objektes ist eine grundsätzliche Fehlplanung! Die Anlagen des Flughafens, so rechnen die Experten uns vor, werden schon zu seiner Eröffnung die Kapazitätsgrenzen erreichen. Zu wenige Check-in-Schalter, Enge im Wartebereich vor den Schaltern, Mangel an Gepäckbändern, nicht einmal genügend Rolltreppen – alles andere als zukunftsweisend.
Die nötigen Erweiterungen, die Experten schon vor der Eröffnung empfehlen, würden aber weitere Millionen verschlingen und zu neuen Verzögerungen führen. Jeder weitere Verzug kostet aber auch wieder Geld. Insgesamt würden Kosten in Höhe von rund einer halben Milliarde zusätzlich entstehen, wollte man den Betrieb eines Single – Airports baulich ermöglichen. Und das, obwohl der Bau schon jetzt so teuer wird, dass sich der wirtschaftliche Betrieb auf Jahrzehnte kaum profitabel gestalten lässt. Wollen wir diesen Wahnsinn einfach „alternativlos“ so laufen lassen?
Es ist Zeit zum Umdenken.
Niemand kann sich an Vereinbarungen klammern, die unter völlig anderen Voraussetzungen getroffen wurden; als in der Planungsphase die Inbetriebnahme des BER an die Schließung von Tempelhof und Tegel geknüpft wurde, gingen alle davon aus, dass dieses Projekt einigermaßen im Kosten- und Zeitrahmen bleiben würde und die Kapazitäten des neuen Airports den gesamten Flugverkehr von und nach Berlin aufnehmen und bündeln könne. Nichts davon ist eingetroffen. Die damalige Planung liegt heute in Trümmern. Die Behauptung des mittlerweile geschassten Flughafenchefs Professor Rainer Schwarz, nur die Konzentration des gesamten Flugverkehrs am BER, das Single-Flughafen-Prinzip, garantiere einen Gewinn bringenden Betrieb, hat spätestens unter den heute gegebenen Umständen keine Gültigkeit mehr.
„Die normative Kraft des Faktischen“
Eine Kette von Fehleinschätzungen, Fehlplanungen, Dilettantismus und Täuschungen hat offenbart, dass mit der Idee des Single-Airports zu lange ein falsches Konzept verfolgt wurde, oder aber dass dieses mit dem Ergebnis des Bauens immer weniger umzusetzen ist. Die geschaffenen baulichen Realitäten zwingen zu einem Umdenken, will man nicht noch tiefer im Chaos versinken.
Der Entwidmungsbescheid (SenStadt 2006) vom 2. Februar 2006, der die Planfeststellung des Flughafens Berlin-Tegel als Verkehrsflughafen aufhebt, muss zurück genommen und TXL als Flughafen erhalten werden. Obwohl der Entwidmungsbescheid nach Abschluss aller dazu anhängig gewesenen Klagen inzwischen bestandskräftig, d. h. unanfechtbar ist, ist es rechtlich möglich, einen solchen Verwaltungsakt für nichtig zu erklären (§ 44 VwVfG). Man kann einen Verwaltungsakt auch jederzeit zurücknehmen (§ 45 VwVfG). Es ist jetzt an unseren Juristen, diese rechtlichen Möglichkeiten angesichts der seit dem Erlass des Verwaltungsaktes im Februar 2006 bis heute grundsätzlich veränderten Situation umzusetzen, an uns, den politischen Druck zu erzeugen. Unmöglich, wie von den Befürwortern des „einfach weiter so“ behauptet wird, ist das jedenfalls nicht.
TXL muss dauerhaft in Betrieb bleiben.
TXL kann für die Hauptstadt das Äquivalent des London City Airport werden. Spezialisiert auf den Business - Verkehr und auf Inlandsflüge, wäre die Belastung der Bürger in Berlin vertretbar, die wirtschaftlichen Vorteile für die Stadt enorm. Die Regierung behielte eine sehr nah am politischen Zentrum gelegene Flugbasis. Die Kapazitäten des BER, sofern er denn einmal in Betrieb gehen sollte, würden ohne weitere Investitionen ausreichen und sich auf internationale Flüge (Drehkreuz für Interkontinentalflüge), Tourismus- und Frachtverkehr konzentrieren. Das lukrative Frachtgeschäft kann hier der Gewinnbringer sein, da in TXL Nachtflüge nur sehr eingeschränkt durchgeführt werden können.
Alle Welt beneidet uns um Tegel; ein Airport der kurzen Wege und nah am Berliner Zentrum. Für die wissenschaftliche Nutzung scheint er mir entbehrlich, solange es in unserer Stadt noch genügend alternative Standorte gibt, wie beispielsweise das riesige Gelände und der gigantische Gebäudekomplex des ehemaligen Flughafens Tempelhof, für den bisher konzeptionell niemandem viel mehr als eine zweimal jährlich wiederkehrende Modemesse eingefallen ist und wo ernsthaft über „Blumenmeere“ diskutiert wird. Hier ist, mitten im Zentrum und verkehrlich sehr gut angebunden, genug Raum für Ideen und Wissenschaftsstandorte.
Dass man uns nach Tempelhof nicht auch noch Tegel kaputt macht wünscht, nicht nur dem Berliner Taxigewerbe,
Ihr Stephan Berndt.
Dazu lesen Sie bitte auch:
- Flughafenlösungen anderer europäischer Metropolen
- Der Ausbau des Flughafens Tegel
- Ja wo fliegen sie denn?
- Konsensbeschluss 1991
- Der nichtige Verwaltungsakt