...zunächst einmal „Danke schön“ dafür, dass Sie sich die Zeit genommen haben, mit uns über das Berliner Taxigewerbe zu sprechen. Als dessen Vertreter sind wir natürlich daran interessiert, was unsere Unternehmer und Fahrer von Ihnen, als Ernst zu nehmender Kandidatin für das Amt der Regierenden Bürgermeisterin des Landes Berlin, im Falle eines Wahlsieges zu erwarten haben.

 

Sehen Sie das Taxi als unverzichtbaren Bestandteil des Öffentlichen Personennahverkehrs und wenn ja, wie wollen Sie diesem Umstand gerecht werden?

Der öffentliche Personennahverkehr in Berlin ist insgesamt ein gewichtiger Faktor, der für unsere Stadt spricht. Wir wollen ihm weiterhin die Vorfahrt gewähren, denn er trägt zu besserer Lebensqualität bei und ist besser für die Umwelt. Vorfahrt bedeutet für uns, dass die Bus-Spuren weiter Bussen und Taxis vorbehalten bleiben, dass wir den Markt besser vor schwarzen Schafen schützen und dass wir Erleichterungen und Vereinfachungen da schaffen, wo es für alle Sinn macht.

Welchen Stellenwert hat das Beförderungsmittel „Taxi“ in Ihren Verkehrskonzepten für Berlin?

Großstädte ohne Taxis kann ich mir nicht vorstellen. Sie sind für uns Teil eines vernetzten Mobilitätskonzeptes, in denen der öffentliche Personenverkehr, Car-sharing, saubere Autos, Fahrräder und eben auch Taxis eine Rolle spielen. Mobilität spielt eine immer größere Rolle in Berlin, sei es weil Berlinerinnen und Berliner schnell von A nach B kommen wollen oder müssen, sei es weil Besucher unserer Stadt unkompliziert von A nach B kommen wollen. Insofern sollten wir das Taxigewerbe nicht allein als Mobilitätsfaktor betrachten, sondern auch als Dienstleister für andere Branchen – die Verbindung zur Tourismusbranche ist naheliegend.

Den Medien war zu entnehmen, dass Sie die Absicht hätten, ganz Berlin zu einer „Tempo-30-Zone“ zu machen. Das hat bei unseren Unternehmern für große Irritationen gesorgt. Sind Sie damit korrekt wiedergegeben worden?

Berlin zur Tempo 30-Zone zu machen, wäre ziemlich lebensfremd und das habe ich auch nicht gesagt. Was ich gesagt habe ist, dass wir 30 zur Regelgeschwindigkeit machen wollen. Das ist etwas vollkommen anderes. Im Moment haben wir auf über 70 Prozent der Berliner Straßen Tempo 30. Da kann man schon davon sprechen, dass das die Regel ist. Dann kann es auch die Regelgeschwindigkeit sein und es bedarf keiner Verkehrsschilder mit Tempo 30 mehr. Regelgeschwindigkeit bedeutet aber nicht flächendeckend, sondern eben in der Regel. Auf den Magistralen wird auch weiterhin Tempo 50 gelten, dafür werden dann auch Verkehrsschilder aufgestellt. Wozu das gut sein soll? Wir diskutieren dann nicht bei jedem Kita-Neubau über Tempo 30, sondern das gilt dort automatisch. Und wir sparen uns teure Kennzeichnungen auf dem Asphalt. Das ist der ganze Clou. Dass solche Sachen auch gern verdreht werden und dann das Gegenteil in einzelnen Medien steht, ist sehr ärgerlich. Umso besser finde ich es, hier die Gelegenheit zu haben, das auch gegenüber Ihrer Branche erklären zu können.

In Berlin sind aktuell über 7.200 Taxen im Einsatz. Eine Obergrenze gibt es nicht. Dies führt zu extrem langen Schichtzeiten bei niedrigsten Stundenumsätzen und damit Niedrigstlöhnen für unsere Beschäftigten. Wären Sie bereit, die Funktionsfähigkeit unseres Gewerbes durch ein Gutachten prüfen zu lassen und gegebenenfalls einen Beobachtungszeitraum einzurichten?

Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, gab es einen solchen Beobachtungszeitraum in den 1990er Jahren schon einmal. Und wenn ich das weiter richtig weiß, hat sich die Situation des Taxigewerbes dadurch nicht verbessert. Wenn es Verbesserungen gab, dann eher durch den Zuzug von Bundestag und Bundesregierung und generell durch den Zuzug von Leuten, die hier in Berlin ihre kreativen Ideen verwirklichen wollen, oder eine wirtschaftliche Idee haben, die sie hier bei uns umsetzen wollen. Das sind Ihre Fahrgäste. Bevor wir über Zulassungsbegrenzungen oder Ähnliches reden, würde ich gern auf den Anfang unseres Gespräches zurückkommen. Wir sollten den ehrlichen Taxibetrieben das Leben leichter machen, indem wir die schwarzen Schafe – in Berlin leider sehr viele – vom Markt nehmen. Wenn wir das mit wirksamen Kontrollen angehen, kann das schon beachtliche Auswirkungen haben. Ich denke an das Hamburger Beispiel, wo auf diese Art etliche schwarze Schafe freiwillig das Feld geräumt haben und die Zahl der Konzessionen signifikant zurückging.

Wie wollen Sie sich dafür einsetzen, dass Berliner Taxen entsprechend des Größenverhältnisses des Taxigewerbes LDS zum Berliner Gewerbe und entsprechend der Anzahl der Fahrten vom Flughafen nach Berlin am Flughafen BBI arbeiten können?

Berlin-Brandenburg wird einen leistungsfähigen Flughafen bekommen. Das wird sich in den höheren Fluggastzahlen niederschlagen – letztlich dann auch höhere Fahrgastzahlen in den Taxis. Wer diese Fahrgastzahlen letztlich bewältigt und damit Geld verdient, ist eine Frage, bei der alle Interessen fair zu berücksichtigen sind.

Ein existentielles Thema in unserem Gewerbe ist die viel zitierte „Schwarzarbeit“ und damit einhergehende illegale Beschäftigung. Vom Land Berlin sehen sich die ehrlichen Betriebe bisher mit diesem Problem alleine gelassen, da dem Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO), unserer Kontrollbehörde, seit Jahren die für eine wirksame Kontrolle notwendigen Stellen verweigert werden. Was können wir hier von einer von den Grünen geführten Landesregierung erwarten?

Konkret: haben Sie die Absicht, die Personalausstattung des LABO zu verbessern? Und wie stehen Sie zu unserem Vorschlag, den Einbau des sogenannten „Fiskaltaxameters“ zu fördern?

Es macht mich wütend, zu lesen, in welche Bedrängnis die schwarzen Schafe die gesamte Branche bringen. Deshalb bin ich prinzipiell offen für jeden Vorschlag, der die Marktposition der ehrlich wirtschaftenden Taxibetriebe verbessert. Wenn sich herausstellt, dass die Fiskaltaxameter für steuer-ehrliche Taxiunternehmen bessere Existenzgrundlagen schaffen, sollten wir sie einführen.

Planen Sie eine Investitionsförderung für schadstoffarm betriebene Taxen?

Aus umweltpolitischen Gründen hielte ich jeden Schritt hin zu einer schadstoffarmen Kraftfahrzeugflotte für sinnvoll, keine Frage. Allerdings werden wir im Herbst einen Schuldenberg von über 60 Milliarden Euro vorfinden und jeden Euro dreimal umdrehen müssen, bevor wir ihn für sinnvolle Vorhaben ausgeben. Letztlich kann man wirklich erst nach einem Kassensturz entscheiden, welche Vorhaben umgesetzt werden können und welche erst mal noch nicht. Alles andere wäre ein leeres Versprechen.

Würden Sie sich für die Werbeflächenfreigabe für Taxen einsetzen?

Das Taxigewerbe ist in einer angespannten Situation, keine Frage. Da es dem Land Berlin kaum möglich sein wird, der Branche direkt unter die Arme zu greifen, sollten Regelungen, die einer Verbesserung der wirtschaftlichen Situation im Wege stehen, zumindest auf den Prüfstand gestellt werden. Ich möchte die Argumente für eine Werbeflächenfreigabe hören und die Argumente dagegen. Und dann muss entschieden werden.

In unserem Verband sind viele Unternehmer mit Migrationshintergrund organisiert und haben erst durch TaxiDeutschland die Möglichkeit erhalten, ihre Interessen artikulieren zu können. Trotzdem werden diese Betriebe immer wieder als die Wurzel allen Übels bezeichnet und für die grassierende Schwarzarbeit und den Qualitätsverlust in unserem Gewerbe verantwortlich gemacht. In der Ausbildung der Berliner Taxifahrer sehen wir unsere Aufgabe aber gerade auch darin, Defizite bei der Sprachkompetenz und bei der Dienstleistungsbereitschaft bei Taxifahrern abzubauen und die Ausbildung künftiger Taxifahrer über den Nachweis der reinen Ortskunde hinaus zu erweitern. Gerade für jugendliche Migranten ist der Beruf des Taxifahrers eine realistische Chance, in unserer Gesellschaft Fuß zu fassen. Wie können uns die Grünen dabei unterstützen?

Das Taxigewerbe kann dieses Problem nicht lösen, Sie begegnen diesem Problem ja erst ziemlich spät. Wir müssen doch viel früher ansetzen: es darf gar nicht dazu kommen, dass junge Migranten über unzureichende Sprachkenntnisse verfügen, die ihnen den Weg verbauen. Bei der Sprachförderung müssen wir in den Kitas ansetzen, in den Schulen und an den Berufsschulen nicht nachlassen und auch älteren Migrantinnen und Migranten Angebote zur Sprachförderung unterbreiten und andererseits Anstrengungen einfordern. Das scheint mir der Weg zu sein um weiter zu kommen. Je besser uns das gelingt, desto mehr profitiert auch das Taxigewerbe und von besseren Leistungen des Taxigewerbes profitieren wir Fahrgäste.

Sehr geehrte Frau Künast, dies waren nur die dringlichsten Fragen zu einer Vielzahl von Aufgaben, die vor uns liegen. Im Rahmen eines Gespräches lässt sich längst nicht alles erfassen, dass uns bewegt. Vielleicht wollen Sie zum Abschluss noch ein Statement geben, das ausdrückt, was Ihnen zum Thema „Taxi“ besonders am Herzen liegt?

Ich fahre wieder viel lieber Taxi, seit in Berlin in den Taxis nicht mehr geraucht wird. Und ich sehe mit großer Freude die vielen Kindersitze. Kleine Zeichen dafür, dass das Berliner Taxigewerbe mit der Zeit geht.

Frau Künast, wir danken Ihnen für dieses Gespräch. Das Gespräch mit Frau Künast führten Ertan Ucar und Stephan Berndt.