Trotz der symbolischen Beisetzung des Berliner Taxigewerbes war unsere Protestaktion Alles andere als eine Trauerfeier. 
Am Olympischen Platz war die Spannung spürbar, als die Uhrzeiger in Richtung elf Uhr rückten. Wie viele Kolleginnen und Kollegen werden wohl kommen?

Doch die Ersten, die da waren, hatten gar keine Gelegenheit darüber großartig nachzudenken, so geballt stürzten sich die zahlreich erschienenen Reporter von Presse, Funk und Fernsehen auf die Versammelten.

Bei derart öffentlichem Interesse verflog die Nervosität und mit dem regen Zustrom von Taxen, die bald den halben Olympischen Platz füllten, machte sich schnell Zuversicht breit.

 

Bevor der Zug losging, wurden noch einmal die Regeln für den Ablauf unserer Protestaktion mit der Polizei besprochen.
Der Einsatzleiter, Herr Slipinski, leistete mit seiner freundlichen und umsichtigen Art und seiner wunderbar funktionierenden Truppe einen wesentlichen Beitrag zum Gelingen unserer Aktion.

Dann startete die Kolonne von anfangs ca. vierhundert Wagen in Zweierreihen, hupend und mit Megaphondurchsagen, die den Passanten die Gründe für unseren Demozug schlagwortartig vermittelten.

An der Spitze des Zuges fuhr ein Leichenwagen. Warum, sollten wir am Roten Rathaus erfahren.

Vom Fahrbahnrand reihten sich auf der gesamten Wegstrecke immer wieder Kollegen ein, so dass unsere Schlange auf der Strecke immer länger wurde.

Es machte richtigen Spaß, mit Dauergrün durch die halbe Stadt zu fahren.

Bei der Ankunft am Roten Rathaus war unsere Kolonne auf gut sechshundert Taxen gewachsen, so dass gar nicht alle zur Schlusskundgebung vorfahren konnten und von der Polizei weiter geleitet werden mussten.

Vor dem Roten Rathaus und in der Spandauer Straße parkten die Kolleginnen und Kollegen ihre Wagen und kamen nach vorn.

Dort erlebten sie nun, dass ein Sarg aus dem Leichenwagen geholt und von schwarz gekleideten Trägern mit Sonnenbrillen vor die Stufen des Rathauses getragen und abgesetzt wurde.
Eine symbolische Beisetzung des Berliner Taxigewerbes.

Dabei wurde es richtig laut und die Stimmung erinnerte mehr an ein fröhliches Straßenfest als an einen Abgesang.

Das unterstrichen dann auch die Redner, die das Gewerbe nicht dem Untergang preisgeben, sondern Veränderungen herbeiführen wollen.

Zunächst warb unser Verbandsvorsitzende Stephan Berndt bei den Verbrauchern für Verständnis für den geforderten Zuschlag zum Fahrpreis.
Es sei eine Notlösung und man arbeite daran, die Rahmenbedingungen unseres Gewerbes so zu verändern, dass Fahrpreiserhöhungen nicht länger die einzige Option seien.

Deshalb forderte er Steuerentlastungen für Taxiunternehmer und die Werbeflächenfreigabe auf unseren Taxen. Das würde einerseits von Kosten entlasten und ermögliche andererseits höhere Einnahmen für die Unternehmer neben den Fahreinnahmen.

Er benannte einige Übel unseres Gewerbes: 
die Praxis der Konzessionsvergabe, die teilweisen unsinnigen Zwänge des Ordnungsrahmens, das Problem der Schwarzarbeit und die Gebühr am Flughafen Tegel, deren Berechtigung zweifelhaft ist und die im kommenden Jahr massiv steigen sollen.

Der aktuelle Anlass für unsere Kundgebung (Gründe gibt es viele), sind die von uns nicht mehr tragbaren Kraftstoffkosten.
Und dass wir bei Staatssekretärin Krautzberger vor fünf Wochen einen Eilantrag auf Erhebung eines Kraftstoffzuschlages stellten, auf den wir erst am 11. Juli eine ablehnende Antwort erhalten haben.


Wir müssen leider draußen bleiben

Als wir den Antrag stellten, haben sich die Vorstände der anderen Taxiverbände dem Gespräch mit uns noch verweigert.
Umso mehr freut es mich jetzt, dass sie sich mittlerweile weitestgehend unserer Forderung angeschlossen haben. 
Nur Einigkeit garantiert eine schnelle Lösung für das Gewerbe.

Doch Einigkeit scheint nicht erwünscht.
Jetzt sieht es aber so aus, als würde sich die Senatsverwaltung nur mit dem Antrag dieser Verbände befassen. Wir seien eine nicht zu berücksichtigende Minderheit, die man außen vor lässt.

Warum die Situation so bedrohlich ist

Im März 2007 wurden nach sechs Jahren Preisstabilität die Taxitarife um knapp neun Prozent erhöht. Dies war zu diesem Zeitpunkt schon lange überfällig und glich die allgemeine Preissteigerung bei weitem nicht aus.
Trotzdem tat es uns gut und unsere Kunden sahen die Notwendigkeit ein.
Seitdem ist der Preis für einen Liter Diesel von damals 1,10 Euro auf heute 1,50 gestiegen.
Das bedeutet für ein doppelschichtig besetztes Taxi monatliche Kraftstoffmehrkosten von ca. 250,00 Euro.

Da in unserem sehr personalintensiven Gewerbe keine großen Gewinnspannen möglich sind, stehen schon jetzt viele Betriebe mit dem Rücken an der Wand.
Pleiten drohen, Arbeitsplätze sind massiv gefährdet.

Unseren Fahrern, die umsatzbezogene Provisionslöhne erhalten und in der Regel unter fünf Euro netto die Stunde verdienen, in einer solchen Situation die Löhne zu kürzen, kann die Lösung nicht sein.

Immer nur die Fahrpreise zu erhöhen ist aber auch keine Lösung,

Unseren Kunden können wir nur sagen, dass das wirklich nur eine Notlösung ist, die uns selbst schmerzt.
Wir bauen auf ihr Verständnis und versprechen ihnen, strukturelle Fehlentwicklungen im Taxigewerbe anzugehen, damit das nicht immer so weitergeht.

Taxifahren darf kein Luxus werden, wir wollen alle Berlinerinnen und Berliner befördern.

Was müssen wir dazu verändern?

1. Wir fordern eine Steuerentlastung

1.1. gemäß § 56 des Energiesteuergesetzes

Das Taxigewerbe unterliegt, im Gegensatz zur Mietwagenbereitstellung, einer strengen Regulierung (siehe § 47 des Personenbeförderungsgesetzes). Daraus leiten sich besondere Verpflichtungen und Auflagen hinsichtlich der Tarifgestaltung, Fahrerausbildung, Funktionsfähigkeit und Verkehrssicherheit ab.

Das Taxigewerbe stellt nach Auffassung verschiedener Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichte (VG bzw. OVG) ein schutzwürdiges Gemeinschaftsgut dar (z. B. OVG Koblenz: Az. 7 A 11567/03.OVG). 

Taxis sind ein Bestandteil des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV), den kein anderes Verkehrsmittel übernehmen kann.

Unter diesen Voraussetzungen richteten im Februar 2007 Abgeordnete des Bundestages eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung.

Deutscher Bundestag Drucksache 16/4358 16. Wahlperiode 21. 02. 2007 
Antwort  der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Katrin Kunert, Dorothee Menzner, Dr. Gesine Lötzsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 16/4239 –

Ist die Bundesregierung bereit, für Taxis eine Steuerentlastung gemäß § 56 des Energiesteuergesetzes (Steuerentlastung für den ÖPNV) zu ermöglichen?

[Die Energiesteuer ist eine bundesgesetzlich geregelte Verbrauchsteuer für 
Energieerzeugnisse (Benzin, Diesel, Erd- und Flüssiggas), geregelt im Energiesteuergesetz vom 15.Juli 2006.
Dort gibt es den § 56, der die Steuerentlastung für den ÖPNV beschreibt.]

Die Antwort der Bundesregierung:

Die Steuerentlastung gemäß § 56 Energiesteuergesetz (EnergieStG) für Benzin, Diesel, Erdgas, Flüssiggas und gasförmige Kohlenwasserstoffe sowie gleichgestellte Energieerzeugnisse gilt ausschließlich für die Personenbeförderung im Nahverkehrsbereich entweder im Schienenverkehr oder mit Kraftfahrzeugen im genehmigten Linienverkehr.

Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) mit Kraftfahrzeugen ist die Beförderung von Personen im genehmigten Linienverkehr nach den §§ 42 und 43 PBefG.

Nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 PBefG ist der Verkehr mit Taxen und Mietwagen eine Form des Gelegenheitsverkehrs.

Eine Zuordnung des Verkehrs mit Taxen zum ÖPNV ist daher nach § 8 Abs. 2 PBefG auf die Erbringung von Leistungen im Linienverkehr beschränkt, bei der Taxen eingesetzt werden, um das Verkehrsangebot von Bussen und Bahnen, z. B. als Anrufsammeltaxi, zu ersetzen, zu ergänzen oder zu verdichten.

Eine Einbeziehung des gesamten Verkehrs mit Taxen in die Steuerbegünstigung für den ÖPNV wird nicht für sinnvoll gehalten, da dieser Verkehr, soweit er nicht wie beschrieben dem ÖPNV zugerechnet werden kann, dem Individualverkehr zuzurechnen ist und daher eine Gleichstellung mit der Förderung für den Linienverkehr aus umwelt- und verkehrspolitischer Sicht nicht begründet ist.

 

Das bedeutet für uns:

wir haben eine Menge Pflichten im ÖPNV zu erfüllen, bei Vergünstigungen werden wir ausgegrenzt und im Wettbewerb benachteiligt.

Die reine Unterscheidung in Linienverkehr und Gelegenheitsverkehr, der dem Individualverkehr zugeordnet und von der Begünstigung ausgegrenzt ist, wird unserer Bedeutung im ÖPNV nicht gerecht.

Das würde ja bedeuten, dass wir auch nur im Linienverkehr einen vorgeschriebenen Fahrpreis erheben müssten, nur da tarifpflichtig wären.

Taxen gehören zum ÖPNV, weil sie ihn in unersetzbarer Weise ergänzen und verdichten.

Lassen Sie einen Geschäftsmann, der Termine in der Stadt hat, vom Flughafen mit Bus und Bahn zu seinen Terminen hetzen.
Wir können das ja mal einen Tag lang ausprobieren und unseren Individualverkehr ruhen lassen. Wird bestimmt lustig.

1.2. gemäß der Regelung der EU-Finanzminister vom 21. März 2003

in der  Mindeststeuersätze für nahezu alle Energieprodukte und Steuerermäßigungen für deren gewerbliche Verwendung festgelegt wurden.

EU-weit gültiger Mindeststeuersatz für Diesel:

302 €/1 000 Liter, der 2010 auf 330 €/Liter angehoben wird.

Sämtliche Steuersätze in Deutschland liegen – mit Ausnahme des Steuersatzes auf Kohle zum Verheizen – über den jetzt beschlossenen Mindeststeuersätzen.

Bei Diesel sind das in Deutschland 470 €/1000 Liter.

Dabei ist ausdrücklich geregelt, dass die gewerbliche Verwendung wie auch die Verwendung als Heizstoff meist geringer besteuert werden kann als die nichtgewerbliche Verwendung und die Verwendung als Kraftstoff.

Für nicht-energieintensive Unternehmen darf der Steuersatz bis zu 50 Prozent unterhalb des Mindeststeuersatzes liegen und für energieintensive Unternehmen darf dieser sogar bis auf Null Prozent gesenkt werden.

Der Steuersatz für Dieselkraftstoff darf nach seiner Verwendung – ob privat oder gewerblich genutzt – differenziert werden.

Also können wir hier den zweiten Hebel ansetzen, außerhalb der Vergünstigungen des ÖPNV, dem wir, wie oben beschrieben, ja nicht grundsätzlich zugerechnet werden.

Jetzt höre ich Peer Steinbrück schon wieder grollen, dass sei nicht finanzierbar.
Wenn er aber die Regelungen der EU-Mindeststeuersätze kennt – und davon darf ich ausgehen – weiß er auch, dass mit ihnen eine Kerosinsteuer eingeführt wurde.

In frei variierbarer Höhe – auf nationale Flüge und auf Flüge zwischen Deutschland und EU-Mitgliedstaaten, mit denen Luftverkehrsabkommen bestehen, die dies nicht verbieten.

Wenn das keine ökologisch sinnvolle Gegenfinanzierung ist.

Wir sind der Auffassung, dass dem Taxigewerbe diese Begünstigungen zustehen. Darüber werden wir reden.

 

2. Wir fordern die Werbeflächenfreigabe für unsere Taxen

Das ist eine alte und zentrale Forderung des TVD.
Und unter den jetzigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen unbedingt umzusetzen.

Was heißt das?

Politik und Verwaltung verwehren uns zusätzliche Einnahmequellen aus Werbung.
Uns wird genau vorgeschrieben, dass nur die Türflächen unserer Taxen für Außenwerbung genutzt werden dürfen. 
Hätten wir die Genehmigung, unsere Wagen ganzflächig für Werbung zu nutzen, würden wir mehr als das Zehnfache an Werbeeinnahmen erzielen.
Entsprechende Angebote von Werbeagenturen liegen uns vor.

Warum dürfen wir nicht, was die BVG darf, deren Busse und Bahnen als fahrende Litfasssäulen unterwegs sind?

Nur relevante Einnahmen neben den Fahreinnahmen ermöglichen uns, die Fahrpreise für unsere Kunden stabil zu halten.

Darüber müssen wir ganz schnell reden.

 

Der 08. Juli war nur der Anfang

In unserer Demonstration sehen wir nur den Anfang im Kampf um vernünftige Rahmenbedingungen für das Berliner Taxigewerbe.

Die freie Konzessionsvergabe und der daraus resultierende ruinöse Wettbewerb,

die Zwangsjacke der strengen Regulierung, die uns unternehmerischer Freiheit beraubt,

die bedrohliche Ausweitung illegaler Beschäftigung und illegaler Unterverpachtung von Taxikonzessionen, die nicht streng genug kontrolliert und verfolgt wird,

dazu geplante Gebührenerhöhungen für die Bereitstellung am Flughafen Tegel;

all das werden wir nicht länger hinnehmen.

Durch Solidarität untereinander und gezielte Verbraucherinformation soll die Politik zum Handeln gezwungen werden.

 

Multikulti ist für uns normal

Der TVD Landesverband Berlin ist eine multikulturelle Vereinigung von Unternehmern, die die Zusammensetzung der Unternehmer (und Fahrer) in unserem Gewerbe widerspiegelt.

Viele Unternehmer und Fahrer haben einen Migrationshintergrund. 
Alleine türkischstämmige Unternehmer betreiben über 50 Prozent aller
Taxikonzessionen. 
Auch Unternehmer iranischer Herkunft sind stark im Gewerbe vertreten.
Araber, Russen, Afrikaner – um nur einige relevante Gruppen zu nennen, fast jede Herkunft ist bei uns vertreten.

Mir ist es eine große Freude, mit diesen Kollegen Gewerbepolitik zu machen und zu sehen, wie sie die Initiative ergreifen.
Denn jahrelang wurden sie von den beiden anderen Verbänden links liegen gelassen.
Vielmehr wurden sie als die Schuldigen abgestempelt dafür,dass unser Gewerbe nicht mehr funktioniert.

Wer sie ausblendet, hat von unserem Gewerbe nicht viel verstanden und auch keine Berechtigung, sich als die einzigen Gewerbevertreter darzustellen.

Wer den TVD ausblendet, will diese Mehrheit der Taxiunternehmer weiterhin mundtot machen.

Das ist Ausgrenzung und das ist fremdenfeindlich.

Diesen Vorwurf muss sich jeder gefallen lassen, der nicht mit uns spricht.