Eigentlich bin ich ja unverdächtig, staatstragende Positionen von mir zu geben oder gar wegen irgendwelcher Missetaten einzelner Mitbürgerinnen und Mitbürger ganze Berufsgruppen mit dem Ruch des Unehrenhaften zu überziehen. Erst recht liegt es mir fern, an bestimmte Institutionen heran zu treten und zu behaupten, dass ganze Berufsgruppen sich dem Hang zum Bösen ergeben haben und Recht und Gesetz – in welcher Weise auch immer – mit Füßen treten. Es liegt mir auch fern, die Mitgliedschaft einzelner Mitbürgerinnen und Mitbürger in bestimmten Vereinen und Verbänden zum Maßstab deren Gesetzestreue zu machen, ebenso, wie ich mich davor hüten werde, jemandem nur deshalb das Mäntelchen moralischer Integrität umzuhängen, weil er Mitglied einer von mir geschätzten berufsständischen Organisation ist.
Natürlich weiß auch ich, dass es auf Erden nicht nur Gutes und nicht nur gute Menschen gibt. Das Böse ist schließlich, wie eine Musikcombo in den Achtziger Jahren es so trefflich formuliert hat, immer und überall. Es begegnet mir sozusagen berufsbedingt jeden Tag und ich kann mich nicht einmal dagegen wehren. Als Rechtsanwalt gehört es zum beruflichen Alltag, sich mit Sachverhalten auseinander zu setzen, die davon geprägt sind, dass Menschen in den Verdacht geraten, sich gegen irgendwelche Regeln der Gemeinschaft versündigt zu haben. Ob es sich um das Verlangen nach Schadenersatz, einen strafrechtlich relevanten Vorwurf, eine Auseinandersetzung mit einer Behörde oder eine streitige Auseinandersetzung anderer Art handelt, immer wird der Rechtsanwalt gefragt werden, ob er sich des dann zum “Fall“ gewordenen Sachverhaltes annimmt.
Und dies wird er in aller Regel auch tun, hat doch in unserem Rechtssystem jeder, gleichgültig, welchem Ansinnen er sich ausgesetzt sieht, Anspruch auf anwaltlichen Beistand. Leistet der Anwalt dann diesen Beistand, ist es seine verdammte Pflicht und Schuldigkeit, dies auch nach bestem Wissen und Gewissen – natürlich immer im Rahmen der geltenden Rechtsordnung – zu leisten. Tut er dies nicht, macht er sich schadenersatzpflichtig gegenüber dem Mandanten und gegebenenfalls sogar wegen Parteiverrates strafbar. Der Rechtsanwalt ist eben nicht für das Gute im Menschen und die Lauterkeit der Menschheit zuständig, seine Aufgabe ist es vielmehr, im Rahmen der Gesetzordnung die Interessen seines Mandanten – und zwar ausschließlich dessen Interessen – wahrzunehmen. Dies unterscheidet ihn grundsätzlich von jenem Menschen Paulus „formerly known as Saulus“, der seinen dornenreichen Weg zur Verbesserung der Menschheit in den Achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts von einem mit Mercedes-Taxen zugestellten Innenhof in der Schlüterstraße im damaligen West-Berlin antrat, dann irgendwann um die Jahrtausendwende vom Blitz der Erkenntnis überwältigt wurde, seinen Namen Saulus ablegte und fürderhin unter dem Namen „Paulus“ wortgewaltig für Sitte und Ordnung stritt und wohl immer noch streitet.
Niemand, der noch seine fünf Sinne beieinander hat, wird einen Rechtsanwalt, der einen wegen Mordes angeklagten Menschen verteidigt, bezichtigen, dass er Mord und Totschlag fördert oder gar gutheißt. Kein Steuerberater wird dadurch zum Steuerhinterzieher, wenn er seinen Mandanten im Rahmen einer Betriebsprüfung vor der Argumentation des Finanzamtes in Schutz nimmt. Erst recht wird kein Rechtsanwalt zum Steuerhinterzieher oder zum Mittäter bzw. Beihelfer zur Steuerhinterziehung, wenn er seinen Mandaten über seine Rechte gegenüber der Polizei, der Strafverfolgungsbehörde oder – horribile dictu – der Steuerfahndung aufklärt und ihn berät, wie er sich erfolgreich gegen rechtswidrige Maßnahmen der Staatsgewalt zur Wehr setzt. Wer anderes behauptet, hat das Wesen unseres Rechtsstaates nicht verstanden.
Aber dennoch, zum Wesen einer ordentlichen Beratung durch den Anwalt oder auch in geeigneten Fällen durch den Steuerberater gehört es, den jeweiligen Schutzbefohlenen auch klar zu machen, dass Verstöße gegen die Rechtsordnung sanktioniert sind und der Schützling, so ihm denn Verfehlungen nachgewiesen werden können, auch mit deftigen Sanktionen rechnen muss.
Nun gibt es sicherlich auch außerhalb des Verkehrsrechts mannigfache Verfehlungen, die man im Taxigewerbe so begehen kann und die dann auch angemessen sanktioniert sein müssen. Über Verkehrssünden aller Art ist hier an dieser Stelle schon so oft referiert worden, dass sie heute ausnahmsweise einmal nicht Gegenstand der Erörterung sein sollen.
Ob das einfache Verbreiten von Unwahrheiten zu sanktionieren ist, erscheint eher zweifelhaft, zumindest dann, wenn sie von einem „gewöhnlichen“ Taxiunternehmer oder Taxifahrer verbreitet werden und keinen diskriminierenden oder beleidigenden Inhalt zu Lasten Dritter beinhalten. Etwas anderes mag gelten, wenn ein Abteilungsleiter einer für Taxenangelegenheiten zuständigen Dienststelle, der nach eigenem Bekunden „zehn Jahre lang am Geschehen dran“ war, am 24.03.2010 in einer dienstlichen Stellungnahme zu einem Verfahren betreffend die Durchführung der Ortskundeprüfung behauptet „in der vergangenen Woche (…) die Neufassung der beiden OP-Kataloge geprüft und bestätigt“ zu haben und des Weiteren bestätigt, dass diese, „wie jedes Jahr pünktlich eingereicht worden“ seien. „Pünktlich“ bedeutet nach der Definition der Ortskunderichtlinien, dass die neuen Kataloge zum Ende des jeweiligen Kalenderjahres vorliegen sollten. Sollte es zutreffen, dass die „Neufassung der OP-Kataloge“ bereits Ende 2009 beim Amt vorlagen, ist die zitierte Behauptung ersichtlich nicht unwahr; dann hat nur die Behörde geschlafen, was (noch) nicht mit irgendwelchen disziplinarischen oder gar strafrechtlichen Sanktionen bedroht ist. Sollte allerdings die „Neufassung der OP-Kataloge“ tatsächlich erst im März 2010 bei der Behörde eingereicht worden sein, wäre diese dienstliche Stellungnahme schlicht unwahr und könnte für den Verfasser zumindest dienstrechtliches Ungemach nach sich ziehen. Diskriminierenden Inhalts könnte im Übrigen sein, wenn derselbe Referent in der gleichen Stellungnahme von „Prüflingen mit Migrationsvordergrund“ spricht, deren „Vorhaltungen neutralisiert“ worden sein sollen.
Aber genug des Abschweifens und zurück auf de Straße. Es gibt Menschen, die sich als Vertreter des Gewerbes bezeichnen, die nicht müde werden, jedem und zu jeder Zeit bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu verkünden, dass nicht nur einzelne sondern das ganze Gewerbe (mit Ausnahme natürlich eben dieser Vertreter und der von ihnen angeführten Vereinsmitglieder) von Grund auf schlecht seien und insbesondere Steuern und Abgaben in großem Stil hinterzögen, in einer Größenordnung, die, glaubt man diesen Menschen, das Berliner Haushaltsdefizit als winziges Peanut erscheinen ließe.
Es ist sicherlich nicht von der Hand zu weisen, wenn kolportiert wird, dass der eine oder andere es mit der Steuerehrlichkeit und der Verpflichtung zur Zahlung von allerlei Abgaben nicht so genau nimmt. Derartige Verhaltensweisen wird es im Taxigewerbe wie auch in vielen anderen Gewerbezweigen geben; je drückender die Abgabenlast desto eher die Neigung des Menschen, diese Abgaben zu vermeiden, ein Phänomen im übrigen, welches nicht erst seit Dienstantritt des jetzigen Vorstandes im Taxiverband Berlin, Brandenburg e.V. zu beobachten ist. Schon ein gewisser Robin Hood bezog ein Gutteil seiner Popularität aus der Tatsache, dass er den Menschen half, den Steuereintreibern des Sheriffs von Nottingham ein Schnippchen zu schlagen.
Aber anders, als zu Zeiten des Robin Hood leben wir heute in einem demokratisch legitimierten Rechtsstaat, der davon geprägt ist, dass demokratisch legitimierte Führungskräfte schonend und sparsam mit den ihnen anvertrauten Steuergeldern der Bürger umgehen, so dass es nur recht und billig ist, wenn der Staat seinem demokratisch legitimierten Anspruch auf das Geld seiner Bürger mit kräftigen Strafandrohungen Nachdruck verleiht.
Und diese können recht happig sein und treffen, um, um gleich ein altes Vorurteil abzubauen, jeden, der sich an einer Hinterziehung von Steuern und Abgaben beteiligt, gleichermaßen. Sie treffen nicht nur die „reichen“ Arbeitgeber, auch die „armen“ Arbeitnehmer, die sich wissentlich beteiligen, sind dran. Das Gesetz macht insoweit keinen Unterschied zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.
Das Gesetz macht auch keinen Unterschied, wenn es um die Nachforderung hinterzogener Steuern und Abgaben geht. Zwar ist der Arbeitgeber grundsätzlich zur ordnungsgemäßen Abführung von Lohnsteuern und Sozialabgaben verpflichtet, verletzt er diese Pflicht unter Mitwirkung des Arbeitnehmers, haftet der Arbeitnehmer genauso wie der Arbeitgeber. Es ist noch gar nicht so lange her, dass ein Brandenburgischer Taxiunternehmer aufflog, der in großem Stil unter aktiver Mithilfe seiner Fahrer vornehmlich Lohnsteuern hinterzog. Als man ihm dann endlich nach einigen Jahren auf die Schliche gekommen war, hatte sich ein erkleckliches Sümmchen angesammelt, was den Unternehmer auf der Stelle in die Insolvenz getrieben hatte. Darauf hin wurden die entsprechenden Fahrer, die zum Teil ihren Wohnsitz in Berlin hatten, von den Finanzbehörden auf Heller und Pfennig zur Nachzahlung in Anspruch genommen, von den ebenfalls geforderten Zinsen ganz zu schweigen. Einer Bestrafung entgingen die betreffenden Fahrer nur deshalb, weil die Sache strafrechtlich zwischenzeitlich verjährt war.
Es sei einzelnen vielleicht nicht ganz so charakterfesten Mitgliedern des Gewerbes hier einmal vor Augen geführt, welche strafrechtlichen Risiken sie bei verschiedenen ins Auge gefassten Spielarten der Steuer- und Abgabenhinterziehung so auf sich nehmen würden, wobei darüber hinausgehende Sanktionen steuerrechtlicher und konzessionsrechtlicher Art (besonders Steuernachforderung und Widerruf der Taxenkonzession) außen vor bleiben sollen.
Also, fangen wir mal an mit der gewöhnlichen Steuerhinterziehung.
In § 370 Abgabenordnung (AO) heißt es:
Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.
Als ob dies schon nicht genug ist, gibt es dann noch als Steigerung den Tatbestand
Gewerbliche Steuerhinterziehung! (§ 370a AO)
Dieser Tatbestand behandelt die gewerbliche oder bandenmäßige Steuerhinterziehung von großem Ausmaß nach § 370a AO und droht mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn (!) Jahren.
Was verbirgt sich dahinter? Eine „gewerbsmäßige Tat“ im strafrechtlichen Sinne liegt dann vor, wenn die Tat wiederholt begangen wird und sich der Täter dadurch eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von geringem Umfang verschafft. Die Bestimmung ist relativ neu; sie sollte (eigentlich) die internationalen Waffen- und Drogenhändler treffen – nun droht sie, fast allen Steuerbürgern das Leben schwer zu machen. Wann der Tatbestand einer gewerblichen Steuerhinterziehung erfüllt ist, kann derzeit nur geschätzt werden, da die Rechtsprechung zu dem Thema noch nicht sehr umfangreich ist. Auch der Begriff des „großen Ausmaßes“ ist für den Bereich der Steuerhinterziehung nicht hinreichend definiert. Der Gesetzgeber lässt hier die Steuerbürger im Dunkeln. Und, was auch noch niemand verbindlich beantworten kann: Erfüllen beispielsweise schon drei falsch abgegebene Umsatzsteuervoranmeldungen in Folge den Tatbestand der gewerbsmäßigen Steuerhinterziehung? Sind schon hinterzogene Einkommensteuern von 10.000,- Euro zwei Jahre hintereinander „von großem Ausmaß“ und „gewerblich“? Niemand weiß es (bisher). Wenn es aber einen tatsächlichen oder vermeintlichen Steuersünder trifft, sollte er (sie) gut bedenken: Dieser Tatbestand des § 307 a AO beinhaltet ein Verbrechen, d.h. wer hier dabei ist, muss mit saftigen Freiheitsstrafen rechnen. Schlimmer noch, es ist keine Selbstanzeige, keine Einstellung gegen Geldbuße nach § 153 a StPO und kein Strafbefehlsverfahren (vereinfachtes Strafverfahren ohne Hauptverhandlung) möglich. Eine langjährige Freiheitsstrafe erscheint fast sicher.
Na liebe Leserinnen und Leser, noch weitere Kostproben? Wir hätten da noch einiges im Angebot:
Ein paar Beispiele gefällig:
Nichtabführen von Arbeitnehmeranteilen, § 266 a StB, Gefängnis bis 5 Jahre oder Geldstrafe.
Vorenthalten von Sozialversicherungsbeitragen, gern auch als Sozialversicherungsbetrug bezeichnet: siehe oben (§ 266 a StGB) allerdings noch mit einem kleinen Schmankerl: Vorsätzlich vorenthaltene Sozialbeitrage verjähren nach 30 (dreißig!) Jahren!
Urkundenfälschung, § 267 StGB: Gefängnis bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe, (in besonders schweren oder gewerblichen Fällen: Knast von einem bis zu 10 Jahren).
Erschleichen von Sozialleistungen § 9 SchwarzArbG, Gefängnis bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe
Betrug § 263 StGB Gefängnis bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe, in schweren Fällen Gefängnis bis zu 10 Jahren.
Wem das immer noch nicht reicht, sei auf folgende hingewiesen.
Es ist durchaus beliebt, unter Hinweis auf angeblich geringes Einkommen sich allerlei sonstige Segnungen unseres Sozialstaates zu „sichern“. Besonders beliebt, der Kindesunterhalt, den man dann „dem Amt“ überlässt, Prozeßkostenhilfe oder beispielsweise auch die eidesstattliche Angabe niedrigen Einkommens im Falle einer Pfändung. Alles Straftatbestände, die – jeder für sich – gesondert verfolgt und geahndet werden. Und, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer gut zusammenarbeiten, sind in aller Regel auch alle beide „dran“. Ein Beispiel gefällig? Der Arbeitgeber erstellt dem Arbeitnehmer eine falsche Lohnbescheinigung zum Zwecke der Vereitelung von Pfändungsmaßnahmen oder Unterhaltszahlungen)
- Mittelbare Falschbeurkundung § 271 Abs. 1 und 3 StGB. Strafrahmen (für beide) bis 5 Jahre Knast. Übrigens, eine Lohnbescheinigung ist auch dann „falsch“ im Sinne des Gesetzes, wenn sie zwar „richtig“ den „gezeigten“ Lohn, nicht jedoch den tatsächlich gezahlten Lohn wiederspiegelt.
- In der Regel Betrug beim Arbeitnehmer (§ 263 StGB, hatten wir schon); Beihilfe hierzu beim Arbeitgeber (§ 27 Abs. 2 StGB: Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter.
- Beim Fahrer Falsche Eidesstattliche Versicherung (§ 156 StGB, Strafrahmen bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe)
- Beim Fahrer gegebenenfalls Verletzung der Unterhaltspflicht (§ 170 StGB Strafrahmen bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe)
Dass spätestens hier der eine oder andere einfach mal nachdenkt und überlegt, ob der ganze Aufwand sich wirklich lohnt, wünscht sich jedenfalls von Herzen
Ihr Rechtsanwalt Andreas Just