Die Tarifdiskussion sorgt derzeit viel Wirbel im Gewerbe. Da auf der Straße viele Halb- und Unwahrheiten kursieren, soll versucht werden, mit diesem Artikel zur Klarstellung beizutragen.

 

Warum hat TD den gemeinsam mit der „Innung“ gestellten Tarifantrag zurück genommen?

 Am 10.01.2012 stellten TaxiDeutschland und die „Innung“ gemeinsam einen Antrag auf Erhöhung des Tarifs, der allen Wünschen entsprach, wie sie  die angeschlossenen Unternehmer an uns herangetragen hatten. Enthalten waren – wie von den Unternehmern gewünscht - die Berechnung der verkehrsbedingten Wartezeit, eine Unterscheidung in Tag- und Nachttarif, eine weitere Unterscheidung in Werktag und Sonn- und Feiertag und einen Zuschlag für Bestellfahrten.

 Die Reaktion war eindeutig.  Verkehrssenator Michael Müller antwortete kurz und knapp, dass er eine Anhebung der Preise zwar befürwortet, einen derartigen Strukturwechsel im Tarif aber grundsätzlich ablehnt. Die Wünsche der Unternehmer waren demnach vom Tisch.

 Die Senatsverwaltung eröffnete alsdann das Anhörverfahren zur Veränderung der Taxitarife, aber keineswegs mit dem Ziel einer Fahrpreiserhöhung für Berlin, sondern lediglich zum Zweck der Integration eines zusätzlichen Tarifes, nämlich dem LDS - Tarif als Flughafenabholtarif. Dieses Anhörverfahren sollte  am 22. März abgeschlossen werden, d.h. bis dahin mussten die Stellungnahmen aller Beteiligten abgegeben worden sein. Um bis zur voraussichtlichen Eröffnung des neuen Flughafens einen einheitlichen Abholtarif sowohl im Landkreis Dahme- Spree als auch in Berlin durch alle Instanzen durchzuboxen, war eine sofortige Entscheidung notwendig. Da die Zeit drängte, mussten alle aktuell nicht realisierbaren Tarifvorschläge vom Tisch. Bei kontinuierlich steigenden Kraftstoffpreisen brauchen wir zudem schnellstens eine kräftige Preiserhöhung.

 Welche Alternativen boten sich an?

 Deshalb setzten wir uns noch einmal mit allen Beteiligten zusammen, um eine Lösung zu finden. Auch mit den Kollegen aus LDS, in deren Tarif die verkehrsbedingte Wartezeit berechnet wird. Sollte er jedoch Flughafenabholtarif werden, würde auch dort eine Wartezeitunterdrückung („Karenzzeit“) eingeführt, wie wir sie in Berlin haben. Das will dort niemand und es wäre auch für uns schlecht: wird jetzt im LDS- Tarif die Karenzzeit eingeführt, wird es in der nahen Zukunft sehr viel schwieriger werden, bei der Gestaltung eines gemeinsamen Tarifes in einem möglichen, künftigen gemeinsamen Pflichtfahrgebiet (Berlin plus Gemeinde Schönefeld) das Berechnen der verkehrsbedingten Wartezeit wieder einzuführen.

 Wir suchten also gemeinsam mit den LDS- Kollegen nach einer Lösung, den Flughafenabholtarif derart zu gestalten, dass wir den auch als Berliner Tarif nehmen könnten. Damit bliebe es in unseren Taxametern bei einem Tarif. Zuletzt lagen die Vorschläge beider Seiten so nah beieinander, dass eine gemeinsame Lösung vorstellbar war. Und diese würde uns im Bereich unserer häufigsten Fahrten   (Touren zwischen sechs und acht km Länge) eine Fahrpreiserhöhung in Höhe von ca. 12 % bringen. 

 Was war nun von unseren Gewerbevertretern zu tun?

 Diesen neuen Sachstand haben wir, d.h. TD, „Innung“ (vertreten durch ihren ersten Vorsitzenden, Uwe Gawehn und den Stellvertreter, Roland Bahr) und TVB gemeinsam am 09. März Staatssekretär Christian Gaebler vorgetragen, der große Bereitschaft signalisierte, sich dafür bei den LDS- Behörden einzusetzen. Voraussetzung für seine Bemühungen sei aber die Unterstützung dieses Vorschlages durch alle Berliner Verbände im Anhörverfahren und zusätzlich die Zustimmung der Taxi Union aus Königs Wusterhausen. Die IHK Berlin signalisierte ihre Unterstützung. Alle  drei Berliner Verbände waren sich einig,  den neuen Antrag gemeinsam zu unterstützen.

 Kommt es tatsächlich zu einem gemeinsamen Handeln aller Verbände?

 Es sind Zweifel angebracht, denn schon wenige Tage später machte die „Innung“ einen Rückzieher. Nach eigenen Aussagen habe sich eine Mehrheit im Vorstand dafür ausgesprochen, statt des nunmehr gefundenen Kompromisses lieber den (von Senator Müller abgelehnten) Antrag vom Januar  2012 aufrecht zu halten, da dies angeblich  von den Mitgliedern so gewünscht werde. Tatsächlich sieht es uns eher danach aus, als wolle die „Innung“ sich dem „Mainstream“ anpassen, um gerade an den Flughäfen an TaxiDeutschland verlorenes Terrain wieder zurück zu gewinnen. Diese Vermutung verstärkt sich durch entsprechende Aushänge der „Innung“ am Flughafen TXL, auf denen sie TD als „Umfaller“ bezeichnet und an der sich neu anbahnenden Koalition zwischen der „Innung“ und radikaleren Kräften am Flughafen, die seit geraumer Zeit in einem eigenen kleinen Taxiverein organisiert sind. Die „Innung“ sollte aber kapieren, dass die aktuelle wirtschaftliche und politische Gesamtsituation keine Möglichkeit bietet, eine Strukturreform unseres Tarifes durchzusetzen. Es sei denn wir haben die Luft, auf eine Tariferhöhung noch ein Jahr warten zu können. Wer das will und verantworten kann, der soll an dem Tarifantrag vom Januar, den wir ja mit der „Innung“ gemeinsam gestellt haben festhalten. Wer sich hier, wie die „Innung“ nun profilieren will, macht das auf Kosten des gesamten Gewerbes.

 Da waren es nur noch zwei!

 Nach dem Sinneswandel der „Innung“ blieb uns glücklicherweise ja noch der TVB, der sich bei dem Treffen mit Staatssekretär Gaebler auch mit dem von uns vorgelegten Kompromissvorschlag einverstanden erklärt hatte. Mehr noch: der TVB- Vorstand entwickelte unseren Vorschlag im Detail sogar weiter, wodurch dieser den an ihn gestellten Anforderungen noch mehr gerecht wird:

Grundpreis für alle Fahrten

 

  4,00 €

Kilometerpreis

0…..10 km

  1,78 €   je km

 

ab 10 km

  1,37 €   je km

Kurzstrecke

2 km

  5,00 €

 

Wartezeit

Für Wartezeiten (auch für verkehrsbedingte) von mehr als 1 Minute je Stopp, die während der Inanspruchnahme der Taxe entstehen, ist ein Entgelt von 30,00 € je Stunde zu erheben. Die Berechnung erfolgt jeweils nach der ersten vollendeten Minute. Jede danach angefangene Zeiteinheit von 30 Sekunden ist mit je 0,25 € zu berechnen.

 

Zuschläge

Ab der fünften bis zur achten Person, pro Person

1,50 €

Bei bargeldloser Zahlung

1,50 €

Für sperrige Gepäckstücke, die nicht im Kofferraum
einer Limousine untergebracht werden können,
je Einheit

1,00 €

 

Wird also doch noch alles gut?

 

Natürlich nicht. Denn zwischenzeitlich fand beim TVB die Fortsetzung der im letzten Jahr unterbrochenen Mitgliederversammlung statt. Wie in vielen TVB- Versammlungen zuvor erschien dort Rechtsanwalt Andreas Just, der von einem  TVB- Mitglied zur Teilnahme an der Mitgliederversammlung bevollmächtigt worden war. Der Vorstand muss dies  nicht nur als äußerst störend empfunden haben, er ließ zu allem Überfluss nun auch noch verbreiten,  dass wir, also TaxiDeutschland,  Herrn Just zum Zwecke des Störens ihrer Veranstaltung dorthin geschickt hätten. Als ob wir von TaxiDeutschland nichts Besseres zu tun hätten und Andreas Just sich von uns instrumentalisieren lassen würde! Jedenfalls nahm der Vorstand des TVB dies zum Anlass (oder vielleicht auch nur zum  Vorwand?), sich von der zuvor geäußerten Zustimmung zu unserem Vorschlag  und einem gemeinsamen Vorgehen mit TaxiDeutschland  zu distanzieren. Wir können dazu nur festhalten, dass  Herrn  Just  der Zugang zur Mitgliederversammlung mit der Vollmacht eines TVB- Mitglieds gewährt wurde. Also, lieber TVB: erst einmal vor der eigenen Haustür fegen, bevor das ganze Gewerbe quasi in „Sippenhaft“ für irgendwelche missliebigen Personen genommen werden soll.

 

Alle Beteiligten müssen sich ihrer Verantwortung bewusst sein: bei der dramatischen Kostenentwicklung können unsere Unternehmen mit dem gegebenen Fahrpreis nicht mehr „eigenwirtschaftlich“ arbeiten und damit die Vorgaben des Personenbeförderungsgesetzes (§ 8 Abs. 4, Satz 1) nicht mehr erfüllen. Eine Lösung werden wir aber nur gemeinsam erreichen. Wer jetzt blockiert, disqualifiziert sich als Interessenvertreter unserer Unternehmer.

 

Denn unserem Senat müssen wir Folgendes klar machen:

  • in der laufenden Anhörung lehnen wir die Aufnahme eines Flughafen-Abholtarifes in unseren gültigen Taxitarif, ohne eine gleichzeitige Erhöhung der Fahrpreise in Berlin ab
  • für einen Flughafen-Abholtarif muss der LDS- Tarif gemäß Vereinbarung derart „modifiziert“ werden, dass wir den neuen Berliner Tarif identisch gestalten können (Vorschlag siehe oben); in Folge gibt es keine zwei unterschiedlichen Tarife in Berliner Taxametern und die Kurzstrecke bleibt erhalten
  • der Tarifantrag sollte von allen drei Verbänden getragen werden, sollte aber auch per Mehrheitsentscheidung durchgesetzt werden können. Natürlich unter der Voraussetzung, dass die Taxi Union Königs Wusterhausen ihre Bereitschaft signalisiert, den Vorschlag mit zu tragen und auch bei ihrer Behörde als BER- Abholtarif durchsetzen zu können

 

Vielleicht kommen die „Gewerbevertreter“ von TVB und/oder „Innung“ ja doch noch zur Besinnung, stellen ihre persönlichen Animositäten mal ausnahmsweise hintendran und machen den Weg für eine notwendig schnelle Lösung frei. Dann – aber auch nur dann - sind wir auch in der Lage, die Einführung eines von uns nicht gewollten Flughafentarifes ohne Tariferhöhung für Berlin zu verhindern.

 

Stephan Berndt.