Sehr geehrter Herr Gaebler,
in etwas mehr als fünf Monaten, am 03. Juni 2012, soll der neue Hauptstadtflughafen im Landkreis Dahme-Spreewald (LDS) des Bundeslandes Brandenburg vor den Toren Berlins feierlich eröffnet werden. Das ist schon sehr bald! Doch noch immer ist das Zusammenspiel des Taxigewerbes aus Berlin und dem des Landkreises bei der Bedienung des neuen Flughafens unklar. Auch der Ablauf vor Ort ist weiterhin offen. Ein Betreiber für das Taximanagement am Flughafen ist noch nicht gefunden. Und damit sind auch die für unsere Unternehmen anfallenden Kosten bei der Zufahrt zum BER noch immer nicht bekannt. Die Verunsicherung unserer Unternehmerinnen und Unternehmer wächst und damit auch die Ungeduld. Es ist höchste Zeit, Planungssicherheit zu erhalten. Deshalb freuen wir uns, dass Sie bestrebt sind, umgehend eine verbindliche Vereinbarung zwischen Berlin und LDS zu erreichen. Gerade weil die Zeit drängt, können wir uns keine weiteren Verzögerungen mehr leisten.
Wir wissen von Ihnen, dass Sie eine schnelle, pragmatische Lösung anstreben. Wir wissen auch, dass dabei nicht alle Wünsche unseres Gewerbes berücksichtigt werden können. Vor allem ist uns aber bewusst, dass wir bei dieser weit reichenden Entscheidung eine große Verantwortung für das Berliner Taxigewerbe tragen. Sowohl das Kundenpotential des Flughafens als auch der Schutz der Laderechte in unserer Stadt sind für die Zukunft unserer Berliner Taxiunternehmen von herausragender Bedeutung. Und unsere Kunden erwarten auch in Zukunft von uns eine korrekte Dienstleistung, d.h. wir müssen auch am Flughafen in ausreichender Menge und mit dem zu erwartenden Service bereit stehen. Eine wesentliche Grundlage für einen guten Service sind fundierte Berliner Ortskenntnisse.
Um eine Vereinbarung auf den Weg zu bringen, die wir als Gewerbevertreter mitverantworten können, erlauben wir uns Ihnen noch einmal kurz die in enger Zusammenarbeit abgestimmten Positionen der Innung des Berliner Taxigewerbes e. V. („Innung“) und von TaxiDeutschland, Landesverband Berlin e.V. (TD) darzustellen.
Der am 14. Dezember 2011 von Ihren Mitarbeiter/inne/n vorgetragene Sachstand der Gespräche ist aus Sicht der Berliner Taxiverbände keine ausreichende Grundlage für eine im Interesse der Kunden umsetzbare Lösung. Bei einem zusätzlichen Tarif in Berliner Taxametern rechnen wir mit massivem Betrug und massenhaften Beschwerden. Bei einem Laderecht von LDS-Taxen in Berlin fehlen praktikable Möglichkeiten, mit einem verhältnismäßigen Aufwand die Berechtigung von Fahrzeug und Fahrer zu kontrollieren. Und Berliner Ortskenntnisse können nur in Berlin adäquat geprüft werden.
Idealvorstellung: gemeinsames Pflichtfahrgebiet
Ein Laderecht für LDS–Taxen in Berlin kann es nur geben, wenn aus Berlin und der Gemeinde Schönefeld ein gemeinsames Pflichtfahrgebiet gemacht wird. Mit einer Ordnungsbehörde, einem Taxitarif und einem einheitlichen Berliner Kfz-Kennzeichen auf jeder Taxe. Das wollten wir vom Beginn der Verhandlungen an, das war unser erster Vorschlag.
Plan B: Laderecht von LDS-Taxen nur mit in Berlin erworbener Berliner Ortskunde und unter umsetzbarer Kontrolle der Berechtigung
Um in der gebotenen Zeit handlungsfähig zu sein, bedarf es auf dem Weg zum Idealzustand wahrscheinlich einer Zwischenlösung. Dabei müssen wir uns davor schützen, dass durch die Hintertür „LDS“ immer mehr Taxen in unseren Berliner Markt drängen, die von unseren Behörden nicht kontrollierbar sind. Die Verantwortung für die Dienstleistungsqualität aller im gemeinsamen Pflichtfahrbereich tätigen Taxen tragen nämlich wir, da es sich zu neunzig Prozent um „Berliner“ Kunden handelt. Dazu muss die Regelung, die Ihr Haus uns vorgelegt hat, nur konsequent zu Ende gedacht werden. Sie muss handhabbar und kontrollierbar sein.
1. Gemeinsamer Abholtarif BER
In einer Besprechung aller Beteiligten mit SenStadt am 11. 08. 2011 wurde den Verbänden aus Berlin und LDS von Dr. Kunst aufgetragen, „zwei deckungsgleiche Tarife - d.h. faktisch einen gemeinsamen Tarif – zu erarbeiten“, der dann auch als Abholtarif für Fahrten ab BER genommen werden könnte. Damit sollte erreicht werden, dass auf Berliner Taxametern kein zweiter Tarif neben dem Berliner Tarif programmiert werden muss und aus Mangel an Speicher unser geliebter „Winke-Tarif“ auf der Strecke bleibt. Die Möglichkeit des Fahrers, zwei verschiedene Taxitarife einzuschalten, birgt immer auch die Gefahr des Betruges.
Um die Kurzstrecke zu retten und keine neuen Betrugsmöglichkeiten zu schaffen, müssen wir uns gerade jetzt Gedanken über einen in seiner Struktur veränderten Berliner Tarif machen. Die Tarifkommission, bestehend aus Mitgliedern von der „Innung“, dem Taxiverband Berlin-Brandenburg e. V. (TVB) und von TaxiDeutschland, diskutiert seit Monaten die Neugestaltung und Erhöhung unseres Taxitarifes. Zielstellung war, die unterschiedlichen Auffassungen über die Gestaltung unseres Fahrpreises, über Höhe und Tarifstruktur so weit unter einen Hut zu bringen, dass wir LDS eine Übernahme des Berliner Tarifes als BER-Abholtarif schmackhaft machen können. Leider hat der TVB eine Einigung letztlich verhindert. Bitte verstehen Sie den von der „Innung“ und TaxiDeutschland vorgelegten Tarifantrag genau in diesem Sinne.
2. Erweiterter Ortskunde-Nachweis aller am BER ladeberechtigter Taxen
Diese Entscheidung schützt unseren Markt und sichert ein grundlegendes Qualitätsmerkmal für unsere Fahrgäste. Die Stichtagsregelung (Einzelfallregelung) ist von Ihrem Haus sehr gut definiert worden. Die Übergangszeit, bis der Nachweis der erweiterten Ortskunde zu erbringen ist, darf im Sinne der Qualitätssicherung nicht zu großzügig bemessen werden. Darüber sollten wir uns noch verständigen. Die Ortskundeprüfung für Berlin darf aber ausnahmslos nur in Berlin von der dort dafür zuständigen Stelle abgenommen werden.
3. Kennzeichnung und Kontrollmöglichkeiten der gemäß der Vereinbarung berechtigten LDS-Taxen und deren Fahrer
Um überprüfen zu können, ob die in Berlin Fahrgäste ladenden Taxen mit LDS-Kennzeichen auch die Berechtigung dazu haben, sind die betreffenden Taxen deutlich zu kennzeichnen. Die Kennzeichnung muss deutlich sichtbar sein, wie beispielsweise ein in einer anderen Farbe lackiertes Dach.
Doch wie kontrollieren wir, ob die Taxifahrer in diesen Taxis auch die Berliner Ortskundeprüfung abgelegt haben? Eine geeignete Kennzeichnung des FzF-Scheins ist erforderlich, reicht in der Praxis aber nicht aus. Im Positionspapier Ihres Hauses wird der erweiterte Ortskunde-Nachweis als Voraussetzung für die privatrechtliche Regelung mit dem Betreiber der Taxiinfrastruktur am Flughafen genannt. Das scheint uns hierfür der richtige Weg zu sein. Wir sehen hier die Möglichkeit, die Zufahrtsberechtigung zum Vorfahrtsbereich des Flughafens nicht an das Taxi zu binden, sondern an die Fahrer. Die Zufahrt wird dann, nicht wie in Tegel über einen dem Fahrzeug zugeordneten, an der Frontscheibe platzierten Transponder gesteuert, sondern über die Identifizierung des Fahrers. Die Registrierung wäre durch das Einlesen eines an der Frontscheibe angebrachten Fahrerausweises möglich, der gleichzeitig auch ein leicht erkennbarer „Berechtigungsausweis“ von Fahrern in LDS-Taxen für das Bereithalten in Berlin sein könnte.
Eine solche Regelung setzt aber zwei Dinge voraus, die uns im Vorfeld garantiert werden müssten: erstens muss der Betreiber des Taximanagements am Flughafen (der noch nicht feststeht) sein System entsprechend in Absprache mit dem Gewerbe installieren und zweitens müssen uns ausreichende FzF-Schein- und Ausweis-Kontrollen durch die zuständigen Ordnungsbehörden am Flughafen und auch in Berlin zugesichert werden.
Die Vorschläge bezüglich Pflichtfahrbereich, Bereithalteordnung, Geltungsdauer und Evaluierung können wir unter Berücksichtigung der hier von uns angeregten Veränderungen genau so mittragen.
Bei den finalen Gesprächen halten wir es für ratsam, dass Sie sich von einer kleinen Delegation der Berliner Taxiverbände begleiten und beraten lassen. Keiner, der hier involviert ist, kann es sich leisten, weitere zeitliche Verzögerungen zu verantworten. Das wäre aber zwangsläufig der Fall, wenn uns abermals ein inakzeptables Angebot präsentiert werden sollte.
Berlin, 09.02.2012
Mit freundlichen Grüßen
Uwe Gawehn 1. Vorsitzender der |
Stephan Berndt 1. Vorsitzender |