Am 28. November war ich auf einer der zahlreichen Veranstaltungen im Hause der Industrie-und-Handelskammer Berlin, die immer wieder Unternehmer, Forscher und Politiker zu den verschiedensten Themen zusammen bringt. Natürlich kann ich nicht alle Einladungen wahrnehmen, bin aber immer vor Ort, wenn das Thema im weitesten Sinne auch unser Gewerbe betrifft oder aber wenn ich der Meinung bin, dass sich unser Gewerbe zu dem angebotenen Thema informieren und auch zu Wort melden sollte. Oft bin ich für unsere Unternehmer dort aber alleine auf weiter Flur. Und so darf sich auch niemand wundern, dass Prozesse ohne unser Gewerbe gestaltet werden, wenn wir selbst keine Ansprechpartner vor Ort haben.
So auch am 28. November, Thema „alternative Mobilitätslösungen“. Ein Gesandter der „Taxi-Innung“ war nicht zu sehen. Und auch der TVB glänzte durch Abwesenheit,und das obwohl der zweite Vorsitzende des TVB (noch) der Abgeordnete des Taxigewerbes in der IHK-Vollversammlung ist. Das ist traurig und das hat Folgen: bei einem wegweisenden Projekt zur Förderung der Elektromobilität in unserer Region wäre das Taxigewerbe um ein Haar vergessen worden. Wenn nicht TaxiDeutschland vor Ort gewesen wäre,tatkräftig und wortgewaltig unterstützt durch Vertreter der Berliner Taxivereinigung (BTV).
Bei dieser Veranstaltung ging es um die Umsetzung von eMobilität in die Praxis. Dazu errichtet die Agentur „eMO“ gemeinsam mit Partnern aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Verwaltung sogenannte „Schaufenster und Leuchttürme“ in der Region, wobei „Unternehmen der Fahrzeugindustrie und Mobilitätsdienstleister gemeinsam mit Energieversorgern Lösungen für den Verkehr der Zukunft entwickeln und erproben“. eMO ist eine Agentur des Landes Berlin und wird getragen von der Berlin Partner GmbH sowie der TSB Technologiestiftung Berlin. Den Leiter der „Berliner Agentur für Elektromobilität eMo“, Herrn Gernot Lobenberg, lernten wir bei dieser Veranstaltung glücklicherweise kennen.
Man kann ohne zu übertreiben sagen: das war fünf vor zwölf! Sonst wäre dieses „Testfeld für die Mobilität von morgen“ ohne Taxis an den Start gegangen. Bei der Veranstaltung war ausschließlich die Rede von „car-sharing“ und dem Verleih von Elektro-Fahrrädern. Dass unser Gewerbe beispielsweise für den Ausbau und die schnelle Auslastung von Ladestationen interessant sein könnte, für den Härtetest der Technik und als „Showroom“ für unsere Fahrgäste, daran dachte bisher wohl niemand. Wir konnten das bei Herrn Lobenberg vorbringen, der darauf sofort einen Termin mit uns vereinbarte. Bei diesem Termin am 09. Dezember vertieften wir unseren Austausch und beschlossen, uns für mehrere Projekte stellvertretend für das Taxigewerbe zu bewerben. Herr Lobenberg stellte uns den Partnern vor, mit denen wir zusammen arbeiten würden und bat diese zu prüfen, ob und wenn ja, wie eine Beteiligung unseres Gewerbes möglich sei. Wir haben unsere Bewerbungen mittlerweile eingereicht und warten gespannt auf die Reaktionen.
Bei aller Kritik an der Schlafmützigkeit der beiden Altverbände laden wir „Innung“ und TVB natürlich ein, die Projekte mit zu unterstützen, falls wir beteiligt werden sollten. Unser Gewerbe muss solche Entwicklungen gemeinsam angehen. Miteinander im Interesse aller unserer Unternehmen. Wir werden die Vorstände beider Verbände zu gegebener Zeit informieren. Die Möglichkeit, dass das Taxigewerbe bei einer solchen Herausforderung auf dem Gebiet seiner Kernkompetenz einfach nicht berücksichtigt wird, hat allerdings noch viel tiefere Gründe. Schon bei der Erarbeitung des Stadtentwicklungsplans Verkehr (StEP Verkehr 2.0) fehlte unser Gewerbe.
„Die strategischen Aussagen des StEP Verkehr sind mittelfristig (bis 2025) orientiert, er stellt ein Kursbuch der Berliner Verkehrspolitik dar.“Das bedeutet, dass sich solche Projekte, wie oben beschrieben, natürlich auf Grundlage eines solchen „Masterplans“ entwickeln.
„Ein Runder Tisch Verkehr, bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern der politischen Fraktionen im Abgeordnetenhaus, der Bezirke, aus Verbänden sowie verschiedenen Interessengruppen mit ihren jeweilig unterschiedlichen stadt- und verkehrspolitischen Positionen, begleitete den Arbeitsprozess in allen Phasen der Fortschreibung. (…) Die insgesamt sieben Sitzungen stellten wesentliche Meilensteine des Arbeitsprozesses dar,…“
WO WAR DAS TAXIGEWERBE, ALS DER STEP VERKEHR 2.0 ERARBEITET WURDE?
StEP Verkehr 2.0: „Das Zusammenspiel aller Komponenten des Verkehrssystems (Rad und Fußverkehr, ÖPNV, motorisierter Individualverkehr (MIV), Wirtschaftsverkehr) muss langfristig so optimiert werden, dass jeder Verkehrsträger seine spezifischen Stärken zur Geltung bringen kann. Ziel ist es, durch die gefundene Lösung die Qualität des Stadtverkehrs und der städtischen Lebensbedingungen als Ganzes zu verbessern. (…) Aus der demographischen Entwicklung erwachsen zudem verkehrspolitische und planerische Herausforderungen in Bezug auf Verkehrssicherheit, Barrierefreiheit und Zugänglichkeit des Verkehrssystems als Voraussetzungen für die Gewährleistung einer eigenständigen Mobilität bis ins hohe Alter. Dabei gilt es, Verkehrsangebote so zu gestalten, dass sie ausgewogen und bedarfsorientiert sowohl den Ansprüchen älterer als auch jüngerer Menschen entsprechen“.
IST DAS TAXIGEWERBE KEIN RELEVANTER VERKEHRSTRÄGER?
UNSERE SPEZIFISCHE STÄRKE: TUER-ZUTUER-SERVICE 24 STUNDEN TÄEGLICH! EINMALIG IM RAHMEN DES ÖPNV!
StEP Verkehr 2.0: „Eine Steigerung der Attraktivität des ÖPNV ist jedoch nur in geringem Maße über eine Ausweitung der Verkehrsleistung bzw. neue Streckeninfrastrukturen möglich, so dass die Optimierung bestehender Angebote und die Erschließung neuer Fahrgastpotenziale insbesondere aus den Reihen der Kfz-Nutzerinnen und -Nutzer von hoher Relevanz sind. Einen Beitrag dazu kann die Schaffung intermodaler Verkehrsangebote leisten, vor allem die Verknüpfung von Fahrrad, Fußverkehr und ÖPNV. Der Ansatz, das System Umweltverbund als Ganzes zu stärken und als attraktive Alternative dem MIV gegenüber zu stellen, entspricht zudem dem Integrationsanspruch des StEP Verkehr“.
LÖSUNG I: BETEILIGUNG DES TAXIGEWERBES AN EINER VBB-MOBILITÄTSKARTE!
LÖSUNG II: 8-PERSONEN-TAXIS MIT FAHRRADTRÄGERN!
StEP Verkehr 2.0: „Die Luftbelastung, insbesondere mit Feinstaub und Stickoxiden, überschreitet nach wie vor an vielen Hauptverkehrsstraßen die Grenzwerte. Die Bereitschaft, Verkehrslärm als stadttypisch zu tolerieren, hat zudem deutlich abgenommen.
Die Verminderung der Abhängigkeit von natürlichen Ressourcen, deren absehbare Verknappung zu steigenden Energiepreisen führen wird, ist ein weiteres wesentliches Handlungsfeld, in welchem sich Ökologie, Ökonomie und soziale Anforderungen vereinen. Die Vorbereitung auf das Zeitalter der postfossilen Mobilität erfolgt in mehreren Schritten und schließt die Einführung und Erprobung neuer Antriebstechnologien, Investitionen in Innovation und Technik sowie das Einwirken auf das Verhalten der Menschen mit ein“.
GENAU DESHALB MUSS SICH DAS TAXIGEWERBE IN DIE SCHAUFENSTERBEWERBUNG EINBRINGEN!
StEP Verkehr 2.0: „Regelmäßige Fortschrittsberichte ergänzt um Diskussionsforen als Verlängerung des Runden Tisches werden dazu dienen, den Umsetzungsprozess des StEP Verkehr zu begleiten, ihn kritisch zu hinterfragen und ggf. nachzusteuern, sollten die Entwicklungen nicht den Zielen entsprechen“.
JETZT ABER BITTE MIT UNS! UNSER GEWERBE MUSS DEN PROZESS MIT SEINEN ERFAHRUNGEN UND MÖGLICHKEITEN BEREICHERN!
Wir müssen uns einmischen. Wir dürfen nicht in unseren Büros sitzen und darauf warten, dass man uns um unsere Teilnahme bittet. Wir haben viel zu bieten, das in solchen Projekten wertvoll ist und benötigt wird. Doch wir müssen es vorstellen. Dass bisher weder beim StEP Verkehr 2.0 noch bei den eMo-Projekten irgendwer von Taxen gesprochen hat, liegt einzig an uns selbst. Da saß eben nur die Lobby der Autovermieter mit am Tisch. Ich bin davon überzeugt, dass wir hier eine Zeitenwende eingeleitet haben.
Stephan Berndt